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Interview

Interview mit Clemens Schick

Neue Mission in Kambodscha

Clemens Schick

©PR/HISTORY/Getty/Lewin

Als Bösewicht aus dem James-Bond-Film „Casino Royal“ erlangte er Popularität, heute zählt er zu den gefragtesten deutschen Schauspielern – und das auch auf internationaler Ebene: Clemens Schick. Jetzt begab sich der 45-Jährige auf eine ganz andere und spannende neue Mission. Und zwar in Kambodscha! Er drehte dort für die neue mehrteilige Doku „Guardians of Heritage – Hüter der Geschichte“ des TV-Senders „History“ (zu sehen ab dem 26. November, 21.50 Uhr) und begab sich dafür auf die Spuren der kambodschanischen Kultur, die unter der Herrschaft der Roten Khmer der Auslöschung nahe war. Die neue Eigenproduktion hat als zentrales Thema den Erhalt der kulturellen Vielfalt und geht der Frage auf den Grund, wie Menschen ihre kulturelle Identität erhalten können. Nach Prominenten wie z.B. Hannes Jaenicke (in Jordanien, Spanien und Deutschland) und Ulrike Folkerts (in den USA und Kanada bei den Indianern) ging nun auch Schick dieser Frage nach – und wagte sich auf für ihn neues Terrain. Er erkundete vor allem die grausamen Spuren der Roten Khmer, unter deren Schreckensherrschaft rund 1,7 Mio. Menschen durch Folter und Massenmorde starben. So besuchte er unter anderem das berüchtigte ehemalige Foltergefängnis der Roten Khmer „Tuol Sleng“ in Phnom Penh. Dort traf er den Ex-Häftling Chum Mey, der zu den wenigen Überlebenden zählt (zum Zeitpunkt der Befreiung des Gefängnisses waren nur noch 14 der rund 14.000 Insassen lebendig) und der sich seither für die Dokumentation der Gräueltaten und gegen das Vergessen der grausamen Ereignisse einsetzt. Außerdem besuchte er die „Killing Fields“, wo politisch motivierte Massenhinrichtungen verübt wurden und während des Regimes der Roten Khmer schätzungsweise 100.000 vermeintliche politische Gegner kaltblütig ermordet wurden. Weiterer Stopp für Schick: „Angkor Wat“, die größte Tempelanlage der Welt nahe Siem Reap im Norden Kambodschas, die unter der Schreckensherrschaft der Roten Khmer als eine der wenigen religiösen Stätten des Landes unangetastet blieb. Er traf dort den Direktor des „German Apsara Conservation Projects“, Prof. Dr. Hans Leisen, um mit diesem über dessen Engagement zum Erhalt des zum Weltkulturerbe gehören Tempelparks zu sprechen. Wir haben Clemens Schick aus diesem Anlass zum Interview getroffen und mit ihm über die spannende Reise und die Dreharbeiten, aber auch über sein politisches Engagement (er trat kürzlich in die Berliner SPD ein) gesprochen.

Herr Clemens Schick, für den Sender History reisten Sie kürzlich nach Kambodscha. Wie waren die Dreharbeiten?

Clemens Schick: „Ich war schon einmal in dieser Region, allerdings nicht in Kambodscha, sondern in Thailand zwecks Dreharbeiten. Ich fand es spannend, wieder einmal in diese Ecke der Welt zu kommen. Nach Kambodscha: ein Land, das so aufgeladen ist aufgrund seiner Vergangenheit und dem Terrorregime der Roten Khmer. Einer Vergangenheit, die allerdings noch nicht lange zurück liegt. Es war sehr spannend zu erleben, wie sich dieses Land gerade industriell neu entdeckt. Es herrscht eine unglaubliche Energie und man hat das Gefühl, dass die Hauptstadt explodiert. Es existiert dort mittlerweile ein Verkehr, der kaum mehr in den Griff zu bekommen ist Hinzu kommt die unglaubliche Schönheit der Natur, das großartige Essen und die Freundlichkeit der Menschen. Aber alles immer in einem Spannungsbogen: Wie kann es passieren, dass in einem so wunderbaren Land ein Terror-Regime innerhalb von nur vier Jahren so große Teile der Kultur zerstört hat und ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung umgebracht hat? Das waren die zentralen Themen, mit denen wir uns beschäftigt haben. Wir haben fünf Tage lang dort gedreht.“

Wohin genau hat die Reise Sie geführt?

Clemens Schick: „Überwiegend an zwei Orte. Zum einen nach Phnom Penh, die Hauptstadt Kambodschas. Das Treffen mit Chum Mey, einem der wenigen Überlebenden, hat mich sehr bewegt und es war eine Ehre für mich, ihn zu interviewen. Dann ging es weiter zu den Tempelanlagen „Angkor Wat“. Ich habe dort Restauratoren getroffen, die sich mit dieser Tempelanlage beschäftigen und um deren Erhalt kämpfen. Die Fragestellung der Reise lautete: Wie kann es sein, dass ein Regime innerhalb von so kurzer Zeit, innerhalb von vier Jahren, so viele Menschen umbringt und dazu eine so bedeutende Kultur zerstört? Und die zweite Frage: Wie geht man mit diesem Land um, um die Kultur dort wieder aufleben zu lassen? Aus diesem Grund sind wir in dieses Land gereist und haben diese Interviews geführt: mit Überlebenden, mit Künstlern, die sich mit Kultur auseinandersetzen und versuchen, diese Kultur wieder zum Leben zu erwecken. Das waren die Kernpunkte dieser Reise.“

Was war für Sie das bewegendste Erlebnis?

Clemens Schick: „Es gab zwei Dinge, die mich wirklich sehr berührt haben. Zum einen war es die Begegnung mit dem Überlebenden Chum Mey,. Am besten lässt sich mein Empfinden mit einem Gefühl der Fassungslosigkeit beschreiben: wie tief die Abgründe des Menschen doch sein können. Wie gnadenlos und mit welcher Brutalität Menschen fähig sind, miteinander umzugehen. Mir war es sehr wichtig, dass ich als Deutscher mit unserer Geschichte und mit unserer Vergangenheit in ein solches Land gehe und diese Fragen stelle. Und sage: Ich komme aus einem Land, das eine ähnliche Geschichte hat wie Ihre. Eine Geschichte von Terror, Kultur, Zerstörung und Mord. Ein zweiter Moment, der mich bis heute wirklich nicht loslässt: Alle Häftlinge wurden, bevor sie in dieses Gefängnis kam, fotografiert. Wenn man diese Räume betritt, dann sieht man Hunderte von Schwarz-Weiß-Fotografien von meist sehr jungen Menschen. Als ich mir diese Fotos angeguckt habe, wurde mir bewusst, dass auch diese Menschen Träume und Hoffnungen hatten, und jemanden geliebt und eine Familie hatten. Sie hatten aber nicht so wie wir das Glück, diese Träume und Hoffnungen ausleben zu können. Das hat mich wirklich sehr betroffen und mit großer Traurigkeit erfüllt. Daran denke ich auch immer wieder zurück. Wir in Europa haben eine große Bandbreite an Freiheit und die Möglichkeit, unsere Ideen und Wünsche auszuleben. Wir diskutieren über Themen wie Freiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau und über Menschen- und Arbeitsrechte. Wenn man dann in ein Land wie Kambodscha kommt, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, und sieht, was das Terror-Regime dort angerichtet hat, dann weiß man diesen Freiheitsraum, in dem wir leben, viel mehr zu schätzen und wie wichtig es ist dafür aufzustehen.“

Können Sie den Besuch im Gefängnis näher beschreiben? Wie beklemmend war es für Sie dort zu sein?

Clemens Schick: „Es gab damals durchaus schon Gefängnisse. Aber die Roten Khmer haben sich bewusst entschieden, Schulen zu Gefängnissen umzubauen. Das war Teil des Plans, nämlich Kultur und Bildung zu zerstören. Im Grunde waren es ehemalige Schulräume, in die man mit Hilfe von Mauern Zellen gebaut hat. In einem Raum befanden sich sehr viele Häftlinge, die aber nicht miteinander kommunizieren durften. Sonst wurde ihnen neue Folter angedroht. Man muss es wirklich gesehen haben, sonst kann man es sich nicht vorstellen. Wenn man dann vor jemanden steht, der diese Grausamkeiten überlebt hat, dann überkommt einen eine tiefe Demut. Aus solchen Begegnungen resultiert bei mir aber auch immer ein großes Gefühl der Verantwortung.“

Was haben Sie von der Reise mitgenommen? Was haben Sie gelernt?

Clemens Schick: „Zunächst einmal habe ich erfahren, was für ein wunderbares Land Kambodscha ist. Dass es ein Land ist, das mit seiner Vergangenheit ringt. 70 % der Bevölkerung Kambodschas sind unter 30 Jahre alt. 70 % der Bevölkerung haben das Terror-Regime also nicht mehr bewusst miterlebt. Sie wollen nun eine Zukunft haben. Dieses Spannungsverhältnis habe ich sehr wohl wahrgenommen. Mir wurde bewusst, welches Glück wir haben, in Europa zu leben. Und dass das nicht selbstverständlich ist.“

Wie kam es überhaupt dazu, dass gerade Sie für diese Dokumentation nach Kambodscha gereist sind?

Clemens Schick: „Es gab zunächst die Idee, dass ich in Afghanistan drehe, da ich dort schon einige Male war und dort deutsche Soldaten besucht hatte. Aber dann wurde diese Idee aus Sicherheitsgründen wieder verworfen. Ich habe mich dann mit dem Produzenten Emanuel Rotstein getroffen und wir haben uns darüber unterhalten, welche Ziele noch in Frage kämen. Als der Name „Kambodscha“ fiel, war ich sofort sehr, sehr angetan und interessiert.“

Warum ist es in Ihren Augen so wichtig, die Kultur und die Kulturstätten eines Landes zu erhalten?

Clemens Schick: „Weil es zeigt, wie wertvoll Kultur ist. Und wie wichtig es ist, dafür aufzustehen. Daher auch der Titel: ‚Hüter der Geschichte‘. Es ist wichtig, aus den Erfahrungen zu lernen. Und die Fehler auf keinen Fall zu wiederholen. Kultur ist Erfahrung und Kultur ist Lehre. Es ist wichtig, diese Kultur an die nächsten Generationen weiterzugeben.

Waren Sie auch früher schon in der Schule so an Geschichte interessiert?

Clemens Schick: „In der Tat war das immer schon ein Thema für mich. Ich habe immer gerne historische Romane und Biografien gelesen. Biografien zählten schon immer zu meiner Lieblingsliteratur. Hier geht es aber um einen größeren Aspekt: Ich bin Komitee-Mitglied bei „Human Rights Watch“ und interessiere mich sehr für das Thema Menschenrechte, aber auch für die Kultur und deren Erhalt. Wenn ich mein Leben beobachte: wie ich als Schauspieler mein Privatleben und mein künstlerisches Leben in einem Raum der maximalen Freiheit hier in Europa ausleben kann. Das ist leider nicht überall auf der Welt möglich. Dessen bin ich mir sehr bewusst und deswegen ist es mir auch so wichtig, für die Kultur und eben auch den Erhalt von Rechten wie Menschen- und Presserechten sowie Gleichberechtigung einzusetzen.“

Ist das auch der Grund, warum sie sich jetzt politisch engagieren?

Clemens Schick: „Das gehört genau hier dazu, ja.“

Haben Sie vor, ihr politisches Engagement auszuweiten? Wo liegt die Gewichtung zwischen Schauspielerei und Politik?

Clemens Schick: „In erster Linie bin ich Schauspieler, dann kommt das weitere. Aber es nimmt durchaus einen gewissen Raum ein in meinem Leben, und das ist auch gut so. Aber mehr ist im Augenblick nicht geplant.“

Auf welche neuen schauspielerischen Projekte dürfen wir uns freuen?

Clemens Schick: „Demnächst erscheint eine neue ARD-Reihe mit dem Titel „Barcelona Krimi“. Außerdem erscheint Mitte Ende Oktober ein Kinofilm „Es war einmal Indianerland“, wo ich an der Seite von Emilia Schüle spiele.“

 

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